Amazon Prime ist eine der ungewöhnlichsten Geschäftsideen aller Zeiten

Amazon Prime

Kennst du einen Service, der mehr als 10 Jahre alt ist, einem Unternehmen einen signifikanten Umsatz beschert hat und über länderspezifische Programme verfügt, die Teil eines einzigen Unternehmens sind? Die Antwort lautet Amazon Prime. Ich beleuchte, was das Programm für Amazon bedeutet und wie es entstanden ist.

Wie ist Amazon Prime gestartet?

Zum Start im Jahr 2015 war ein kostenloser zweitägiger Versand für 79 Dollar pro Jahr der Hauptbestandteil. Es dauerte 6 Jahre, bevor Amazon den Preis auf 99 Dollar pro Jahr für US-Kunden anhob. Der Standardversand dauerte in der Anfangszeit ca. 5 Tage. Mittlerweile gibt es Prime in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Spanien, Japan, Italien, Deutschland, Frankreich, Kanada, Österreich und Belgien.

Was hat Prime für einen Zweck?

Jeff Bezos schuf es, um den Konsum der Kunden zu fördern. Dieser wird durch die Tatsache angetrieben, dass Kunden in der Lage sind, Artikel viel schneller an Ihren Standort geliefert bekommen. Dadurch wurde ein begehrter Netzwerkeffekt geschaffen, um die Wiederkausrate zu erhöhen.

Wie sieht es mit den Zahlen aus?

Laut einer Untersuchung von Consumer Intelligence Research Partners, geben Prime-Mitglieder im Durchschnitt 1.500 Dollar pro Jahr aus, verglichen mit Nicht-Mitgliedern, die etwa 625 Dollar pro Jahr ausgeben.Außerdem gaben 73 % der Prime-Kunden an, dass sie mindestens zwei- bis dreimal im Monat bei Amazon einkaufen, während dies nur 22 % der Nicht-Prime-Kunden angaben.

Je länger man schon Prime-Mitglied ist, desto mehr gibt man aus: 41 % geben im ersten Jahr der Mitgliedschaft mehr als 800 Dollar im Jahr aus, während 68 % der Prime-Mitglieder mit mehr als vier Jahren dies tun.

Mehr US-Haushalte haben eine Amazon Prime-Mitgliedschaft als die, die einen Weihnachtsbaum schmücken, ein Haustier besitzen oder zur Kirche gehen.
Scott Galloway

Was sind die Herausforderungen?

Amazon Prime trägt auch zu den größten Ausgaben von Amazon bei – der Logistik. 2015 war das erste Jahr, in dem Amazons Gesamtversandkosten 5 Milliarden US-Dollar überschritten. Dies ist einer der Gründe, warum Amazon Flex, Prime Now und Flugzeuge in Angriff nimmt. Amazon kann es sich nicht leisten, Prime wegzunehmen, da diese Kunden evtl. zu anderen Marktplätzen oder Online-Händlern abwandern könnten.

Was beinhaltet die Mitgliedschaft?

In den ersten sechs Jahren ging es bei Prime um den Versand. Dann, im Jahr 2011, beschloss Amazon, einen Service hinzuzufügen, der überhaupt nichts mit dem Versand zu tun hatte: Unbegrenztes Video-Streaming wurde eine weitere Vergünstigung von Prime.

Stattdessen war diese seltsame Kombination – die inzwischen auch Musik-Streaming, eine E-Book-Bibliothek und Fotospeicher umfasst – ein ungeschminkter Erfolg. Neu ist ebenfalls Prime Gaming im Angebot. Das scheinbar zufällige Sammelsurium von Prime ist, wie sich herausstellt, ein fein abgestimmter Motor, der den Konsum von physischen und digitalen Gütern in einem scheinbar unaufhaltsamen Kreislauf antreibt.

Aber die zusätzlichen Prime-Dienste scheinen mittlerweile mehr zu sein als ein Treiber für die Leute, mehr physische Dinge auf Amazon zu kaufen. Nicht zu vergessen sind die Artikel welche mit Prime kompatibel sind, wie z.b. der Fire Stick. In einer Umfrage gaben 10 % der Prime-Mitglieder an, sie hätten sich hauptsächlich wegen der Videos angemeldet.

Netflix produziert Originalsendungen und -filme, um mehr Leute dazu zu bringen, für das Ansehen seiner Videos zu bezahlen. Amazon produziert Original-Sendungen und -Filme, um mehr Leute dazu zu bringen, für das Ansehen seiner Videos zu bezahlen – und um sie dazu zu bringen, eher Klobürsten, Waschmittel, Schuhe und Windeln zu kaufen.

Wie werden die Inhalte wahrgenommen?

Jeder Dienst einzeln betrachtet, stellt einen gewissen Wert dar und sorgt für eine starke Kundenbindung. Die Rechnung scheint aufugehen. Eine Streaming-Video-Mitgliedschaft bei Netflix kostet 96 Dollar pro Jahr. Eine Mitgliedschaft bei Spotify kostet 120 Dollar pro Jahr. Ein Terabyte Speicherplatz bei Dropbox für Fotos kostet ebenfalls 120 Dollar im Jahr. Hinzu kommt dann noch der kostenlose und schnelle Versand bestimmter Artikel auf Amazon.

Die Geburtsstunde von Amazon Prime

Im Jahr 2005 kündigte Jeff Bezos Amazon Prime an. „Es ist ganz einfach“, schrieb er in einem Brief, der auf Amazon.com veröffentlicht wurde. „Für eine pauschale jährliche Mitgliedsgebühr erhalten Sie unbegrenzten Zwei-Tage-Versand kostenlos.“ Es ist witzig, wenn man zurückblickt und sieht, wie Bezos einen kleinen Marketing-Trick direkt in die Produkteinführung eingebaut hat – der Versand ist schließlich nicht wirklich kostenlos, wenn man eine Gebühr bezahlt.

Amazon Prime trug anfangs den Codenamen Futurama. Und es begann mit der Frustration des Software-Ingenieurs Charlie Ward, dem Amazons kostenloses Versandangebot – damals Super Saver Shipping genannt – ärgerlich komplex war, sowohl im Backend als auch für die Kunden, die bei jeder Bestellung einen Mindestbetrag von 25 Dollar erreichen mussten, um sich für die Vergünstigung zu qualifizieren, und dann acht bis zehn Werktage auf ihre Lieferung warten mussten.

Grafik: CC0 Creative Commons pixabay geralt