Was würde ich machen, wenn ich Flaschenpost wäre?

Was würde ich machen, wenn ich Flaschenpost wäre?

In meiner Reihe: „Was würde ich machen, wenn ich Unternehmen XY wäre?“, versuche ich mich in das jeweilige Unternehmen reinzuversetzen. Dafür erarbeite ich neue Ausrichtungen und Denkweisen. Diesmal geht es um Flaschenpost. Ich selber bin dort Kunde und nutze den Service.

Wie erkläre ich das Geschäftsmodell?

Die Herausforderung ist es, so einfach und kurz wie möglich zu erklären. Flaschenpost liefert auf Bestellung ganze Getränkekisten aber auch einzelne Flaschen (z.B. Wein, Rum, etc.) und andere Getränke. Die Bestellung sowie die Bezahlung erfolgt online im Browser oder in der App. Zusätzlich kann man bei der Lieferung noch sein Pfandgut abgeben, welches direkt mit der Bestellung verrechnet wird.

Wie sah der Start aus?

Die Flaschenpost GmbH wurde im August 2012 in Münster von Dieter Büchl gegründet. Das Unternehmen lieferte nach einer Projektierungsphase im Oktober 2014 erstmals aus einem eigenen Lager in Münster aus.  Allerdings führte die hohe Nachfrage schnell zu einer Überlastung der Logistikprozesse. Aus diesem Grund wurde der Lieferbetrieb Ende Januar 2015 zunächst wieder eingestellt. Nach einer Überarbeitung der internen Prozesse zur Abwicklung einer hohen Nachfrage wurde der Betrieb im April 2016 wieder aufgenommen.

Wem gehört das Unternehmen heute?

Am 30. Oktober 2020 übernahm die zur Oetker-Gruppe gehörende Radeberger Gruppe Föaschenpost. Anfang Dezember 2020 genehmigte das Bundeskartellamt die Übernahme. Danach erfolgte die Fusion mit dem ebenfalls zur Oetker-Gruppe gehörenden Getränkelieferdienst Durstexpress. Allerdings beträgt der Kaufpreis laut Exciting Commerce nicht 1 Milliarde Euro oder mehr sondern maximal 898 Millionen Euro.

Einige Zahlen zu Flaschenpost

Laut der firmeneigenen Webseite hat das Unternehmen 10 Millionen Bestellungen jährlich und liefert mehr als 200.000 Kisten täglich aus, wobei hier dann sicherlich vom Bestwert an wenigen Tagen auszugehen ist. Mehr als 20.000 Mitarbeiter gehören zum Team. Flaschenpost verfügt über 30 Lagerstandorte (vorrangig NRW) in Deutschland und beliefert hierdurch mehr als 190 Städte. Die Umsatzzahlen werden nicht kommuniziert, Exciting Commerce geht aber von einem Jahresumsatz 2021 von 300 Millionen Euro aus. Allerdings darf man nicht vergessen, dass in der Corona Zeit sicherlich die Bestellungen gestiegen sind und dass der Umsatz auch durch eine Sortimentserweiterung in 2023 schwieriger zu erreichen ist,

Welche Mitbewerber gibt es?

  • Hol ab Getränkeservice
  • Wir liefern Getränke
  • Durst
  • Kistenbote
  • Supermarkt Lieferdienste

Warum bin ich Kunde?

Der absolute Hauptgrund ist dass Flaschenpost einen absoluten „Need“ mit ihrem Modell erfüllen. Dies ist der Einkauf von Kisten, gerade bei einem größeren Bedarf stößt man aufgrund von Mangel beim eigenen Transportplatz an Grenzen. Der Getränkeeinkauf war immer nervig. Neben dem eigenen Laderaum kamen noch Platzmangel bei dem Einkauswagen sowie die Schlepperei hinzu. Und dafür hatte Flaschenpost in Form der Lieferung eine Lösung. Mittlerweile bestelle ich direkt für einen Monat oder mehr.

Was sind Vorteile des Produkt für das Unternehmen?

Getränke sind nicht verderblich wie Lebensmittel. Zusätzlich kann man Getränke kostensparend im Gegensatz zu Tiefkühlkost aufbewahren. Aufgrund der Kisten ist eine platzsparende Aufbewahrung möglich. Ebenfalls lassen sich diese gut für die eingehenden Bestellungen vorbereiten.

Wie sieht das Sortiment aus?

Es gibt die Shopkategorien: Wasser, Limo/Saft, Bier, Weine, Spirituosen. Der Großteil des Sortiments sind Fremdmarken.

Flaschenpost vertreibt allerdings auch mehrere Eigenmarken. Und gerade bei Eigenmarken ist die Marge um einiges attraktiver:

  • Glucks (Bier)
  • Fassreiter (Wein)
  • Klar (Mineralwasser)
  • Minawa (Mineralwasser)
  • Aera (Mineralwasser)
  • De Buur (Fruchtsaft)

Was stört mich an der „neuen Ausrichtung“?

Seit 2020 liefert Flaschenpost auch Lebensmittel. Natürlich greifen sie hierfür auch auf das Sortiment bspw. von Coppenrath und Wiese zurück, welche zum Dr. Oetker Konzern gehören. Die Sortimentserweiterung macht den Shop unübersichtlicher. Zusätzlich sind viele Getränkemarken wie VILSA oder Landpark Wasser ausverkauft und sollen erst in wenigen Tagen wieder vorrätig sein. Bei Feiern oder leeren Kästen kann die Bestellung nicht verzögert werden. Ebenfalls gibt es bestimmte Marken überhaupt nicht.

Als Revolutionäre der Last-Mile-Logistik in der deutschen Getränkebranche machen wir uns nun auf die Mission, der Getränke- und Lebensmittellieferant Deutschlands zu werden.

Durch die Erweiterung der Produktpalette wird auch die Marke verwässert. Der Name war selbsterklärend und es wurde ein echtes Bedürfnis erfüllt. Offensichtlich müssen die Warenkörbe erhöht werden und man schielt auf Liefersupermärkte wie Flinc, Gorillas aber auch den REWE Lieferservice.

Wie sollte die Ausrichtung verändert werden?

Die jetzige Ausrichtung mit Lebensmitteln stoppen und sich wieder auf das Kernprodukt konzentrieren. Die Getränkekategorien ausbauen und vor allem weitere Produkte in diesen Kategorien ins Sortiment aufnehmen. Der Bedarf liegt in der Getränkebeschaffung. Einen „normalen“ EInkauf können die meisten noch selbst erledigen.

Flaschenpost sollte eher der größte Getränkehändler vom Sortiment sein und dann diese auch noch liefern. Viele Getränkemarken findet man gar nicht bei Flaschenpost im Sortiment. Im internationalen Biersortiment finde ich lediglich 14 Produkte. Es sollten regionale Produkte/Marken über die Landesgrenzen ausgedehnt werden und mit vielen auch kleineren Abfüllern zusammengearbeitet werden.

Was positiv ist, dass es bereits eine Möglichkeit gibt fehlende Produkte anzuzeigen. Diese werden dann sicherlich ausgewertet und anhand dessen Eintscheidungen für neue Produkte getroffen. Allerdings melden sich nicht alle Benutzer, sondern schließen den Shop und kaufen oder bestellen woanders.

Neben den Glas- und Plastikflaschen sollten bei Tetra Paks nur noch Kisten geliefert werden, was die Lagerung und auch die Zusammenstellung der Lieferung erleichtert.

Gibt es Möglichkeiten der Zusammenarbeit?

Flaschenpost könnte in Zusammenarbeit mit Weinherstellern zum größten Marktplatz für Wein inklusive Lieferung aufsteigen. Viele Kunden bestellen bei Weinplattformen oder direkt bei Händlern. Auch hier spreche ich von Kisten und nicht einzelnen Flaschen.

Aber speziell bei kleineren Weinherstellern kann eine Auslagerung sinnvoll sein und man bedient nicht nur seine Stammkunden sondern erschließt neue Kundenstämme. Flaschenpost sollte also auch eine Marktplatzfunktion als Plattform haben. Und diese muss nicht nur für Weinprodukte sondern auch andere Getränkehersteller zugänglich sein.

Die Pfandrückgabe funktioniert sehr gut. Aber auch diese kann man ausbauen. Neben der Auszahlung könnte auch eine Verrechnung bei der neuen Bestellung möglich sein und hier dann noch einen Rabatt ähnlich einem Bonusprogramm (Loyalty)

Ebenfalls sollte entweder mit Getränkehändlern kooperiert werden oder noch besser eigene Shops aufzubauen welche aber auch als Lager fungieren. Dies hätte den Vorteil dass die Sortimentsverwaltung problemlos funktioniert. In diesen Getränkeshops können dann auch Kunden normal einkaufen allerdings besteht die Abnahme auch in Höhe von Kisten/Kästen und nicht einzelnen Flaschen. Somit würde Flaschenpost auch das Problem der Lieferwege und Zeiten lösen und sich gleichzeitig weiterne potenziellen Kunden öffnen aufgrund der Erreichbarkeit.

Was kann bei der Lieferung geändert werden?

Liefergebühren sind völlig in Ordnung und auch die Auswahl der Zeitfenstern bzw. die Lieferung in zwei Stunden. Und auch die kostenfreie Lieferung ab einem bestimmten Warenwert wird bereits umgesetzt. Aber zusätzlich könnte man eine schnellere Lieferung innerhalb von bspw. 1 Stunde anbieten oder das Zeitfenster von 2 auf 3 Stunden rauf setzen.

Und hierfür dann eine kostenpflichtige Expresslieferung innerhalb von 2 Stunden anzubieten. Alternativ für Heavy User eine Art Amazon Prime für Betrag X im Monat. Dies wäre auch die Möglichkeit Rabatte auf die Bestellung anzubieten. Viele Kunden bestellen sicherlich monatlich da diese ja auch die Bestellung lagern müssen zuhause.

Fazit

Ziel ist also das Eldorado der Getränke zu werden. Also die absolute Nummer 1, was auch das Sortiment und deren Breite angeht. Problemlose Abwicklung online sowie Lieferung in einem bestimmten Zeitfenster. Alternativ die Offline Variante als Multichannel Konzept und die Plattform Lösung als Marktplatz. Dadurch wäre Flaschenpost gut für die Zukunft aufgestellt und die Leistung, Marke aber auch die Problemlösung für den Kunden klar erkennbar.

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